WikiLeaksAssange aus britischem Gefängnis entlassen

Der Fall USA gegen Julian Assange wird in Kürze wohl ein Ende finden. Auf einer Insel im Pazifischen Ozean soll Assange sich vor einem US-Gericht schuldig bekennen und damit das langjährige juristische Hickhack beenden. Er soll keine Haftstrafe mehr antreten müssen.

Julian Assange am Flughafen
Julian Assange in einem Videoausschnitt am Flughafen. (Screenshot)

Der WikiLeaks-Mitgründer Julian Assange ist seit gestern in Freiheit: Das Gefängnis in London hat er am Montag verlassen dürfen, wie seine Ehefrau Stella Assange mitteilte. Er soll sich auf dem Weg nach Australien befinden. Ein Video zeigt ihn auf dem Flughafen. Damit wäre der jahrelange juristische Kampf um seine Auslieferung beendet.

WikiLeaks betreibt seit 2006 eine Website, auf der mehrere Millionen Dokumente veröffentlicht wurden. Darunter waren zahlreiche als geheim eingestufte Dateien, die auch die Politik der Vereinigten Staaten und US-Kriegsverbrechen in Irak und Afghanistan betreffen. Die Solidarität und Unterstützung für Assange war seit Beginn des US-Auslieferungsbegehrens international breit: Zahlreiche Journalistenverbände, Künstler, Politiker und Prominente hatten sich für seine Freilassung eingesetzt. Die Veröffentlichung der Informationen läge im öffentlichen Interesse, er verdiene Schutz statt Verfolgung.

WikiLeaks schreibt, dass die jetzige Freilassung „das Ergebnis einer weltweiten Kampagne“ sei, von Basisorganisationen, Aktivisten für die Pressefreiheit, Gesetzgebern und führenden Persönlichkeiten aus dem gesamten politischen Spektrum bis hin zu den Vereinten Nationen. Das hätte erst den „Raum für eine lange Verhandlungsphase mit dem US-Justizministerium geschaffen“. Die Einigung sei aber „noch nicht formell abgeschlossen“.

Via Twitter (jetzt X) teilt WikiLeaks auch mit, dass der High Court in London Assange gegen eine Kaution freigelassen hätte und dass er danach über den Londoner Flughafen Stansted ausgereist sei. Auf der Website von WikiLeaks selbst gibt es dazu bisher keine Informationen.

Deal mit den Vereinigten Staaten

Offenbar konnte das Anwaltsteam von Assange also einen Deal mit den Vereinigten Staaten machen, die zuvor über Jahre seine Überstellung aus London durchsetzen wollten. Das US-Justizministerium warf ihm vor, gegen den Espionage Act verstoßen zu haben. Um auf Kaution freizukommen, soll sich der Australier dafür in einem Anklagepunkt der Spionage schuldig bekennen. Dann könnte ein Gericht eine geringe Strafe verhängen, die durch seine langjährige Haft aber bereits abgegolten wäre. Seit 2020 saß er im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in britischer Auslieferungshaft.

Assange soll am Mittwoch um 9 Uhr vor einem US-Bundesrichter auf einer abgelegenen Insel bei den Nördlichen Marianen im Pazifik erscheinen. Dieses Gebiet gehört formal zu den Vereinigten Staaten, aber ist weit entfernt vom US-Festland. Dort soll er nach dem Schuldbekenntnis zu einer Strafe von etwa fünf Jahren verurteilt werden.

Wegen Assanges Gesundheitszustand war seine Auslieferung im Jahr 2021 bereits einmal abgelehnt worden. Die letzten Gerichtstermine hatte der Häftling aus gesundheitlichen Gründen nicht besuchen können. Ob seine physische und psychische Verfassung bei der Entscheidung, ihn jetzt freizulassen, eine Rolle spielte, ist aber nicht klar.

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11 Ergänzungen

  1. FYI

    https://edition.cnn.com/2024/06/24/politics/julian-assange-plea-deal-biden-administration/index.html

    >> Under the terms of the new agreement, Justice Department prosecutors will seek a 62-month sentence – which is equal to the amount of time Assange has served in a high-security prison in London while he fought extradition to the US. The plea deal would credit that time served, allowing Assange to immediately return to Australia, his native country.

    The plea deal must still be approved by a federal judge, but as of Monday morning, Assange had been released from a UK prison, according to WikiLeaks.

    1. FYI

      https://www.justice.gov/opa/pr/wikileaks-founder-pleads-guilty-and-sentenced-conspiring-obtain-and-disclose-classified

      >> For example, the State Department cables that WikiLeaks disseminated included information from journalists, religious leaders, human rights advocates, and political dissidents who had chosen to provide information to the United States in confidence at significant risk to their own safety. By publicly releasing these documents without redacting the names of human sources or other identifying information, Assange subjected these individuals to serious harm and arbitrary detention. Assange even acknowledged in public statements that he knew that publicly disclosing unredacted classified documents containing the names and other identifying information of people who had shared information with the U.S. government in confidence could put those people at risk of harm.

  2. Damit wird ein Präzedenzfall der Verurteilung eines Journalisten geschaffen, was im USA Richterrecht entsprechende Auswirkungen hat. Obama hat übrigens als Präsident die meisten Journalisten juristisch verfolgt, nur falls das jemand als mögliches Argument gegen Trump nutzen wollte.

    Assange selber kann man nur beglückwünschen.

    1. Jein. Der Espionage Act wackelt selbst, und Assange gibt zu, zum Ausleiten von Geheimnissen ermuntert zu haben. Darauf basiert die Verurteilung, und es bleibt irgendwie Limbo, mit einigen Räumen, die somit hier nicht berührt werden.

      Schön ist das nicht, weder der Espionage Act, noch die durchaus vorhandenen Implikationen für die Pressefreiheit.

      1. “ zum Ausleiten von Geheimnissen ermuntert zu haben“ – Derzeit in den Nachrichten eher wie, „Informationen beschafft und veröffentlicht“. Dies oder das oder beides, bzw. in welcher Gewichtung?

        Das es nicht grundsätzlich geklärt und abgeschmettert wurde, ist vielleicht nicht die riesige Niederlage, außer für das System gemäß Eigenbeschreibung und Werbung, dass ein Nicht-US-Büger so lange traktiert und festgesetzt wurde, dazu mit all jenen Mitteln, bleibt ein großes Problem. Vielleicht müssen die USA das noch mal intern klären, beizeiten.

  3. Wenn das keine Falle ist. Auch wenn die Marianen weit weg vom Festland sind, wer bürgt denn dafür, dass Assange bei der Einreise nicht verhaftet wird und in die USA verbracht wird? Ich glaube das erst, wenn es so wie im Artikel beschrieben auch eintritt.

    1. Das kann sich Biden mE schlicht nicht leisten, er braucht dringend etwas, das seine Wählbarkeit bei US Linken stützt. Die Aktion muss also gute Bilder und Headlines liefern.

      Klassischer Democrat Establishment Move: zwar der Einzelperson Assange helfen, aber trotzdem unbedingt das Machtsystem gegen unbequemen Journalismus stärken. Bidens einziges Argument bei der Wahl ist, nicht Trump zu sein.

    2. Deal mit einem Gartenzwerg? Wer weiß…

      Eine Bruch würde einen gefährlichen außergerichtlichen Präzedenzfall herstellen. Biden könnte persönlich einschreiten, in so einem Fall. Interessant wäre die Rechtslage zu Deals – tatsächlich vermute ich hier, dass die zuständige Justiz beteiligt ist, und politischer Anstoß die Basis bildet. Dann ginge es wohl kaum sicherer.

    1. Nur die? Assage saß seit 2012 in der ecuadorianischen Botschaft und ab 2019 in Belmarsh. 2012 hieß der Außenminister Westerwelle, danach folgten Steinmeier, Gabriel und Maaß. Die zugehörigen Innenminister, die bei solchen Themen sicher auch ein Wort mitreden dürften, hießen Friedrichs, de Maiziere, Seehofer und nun Faeser. Da haben wir eine ganz große Koalition zusammen, geführt von Leuten, die ich nicht gerade als Führungsfiguren bezeichnen würde.
      Bei Snowden waren demokratische Werte auch weniger relevant als machtpolitische Interessen, auch wieder in größter Koalition.
      Wenn ich also passende Wahlergebnisse zu dem Ergebnis liefern müsste, dann, uh, lieber nicht…

  4. Eine meiner Thesen: Julian Assange stirbt durch einen Unfall …

    Ich persönlich wünsche ihm ein langes Leben!
    Danke Julian Assange!

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